Große Ereignisse in 1935
Die Oelder Radsportler hatten sich etabliert. Der Saalsport mit Radball und Kunstfahren war im damaligen Schützenhof zuhause, doch die Aktiven trugen den guten Namen auch hinaus in den gesamten Bezirk. Um die Wanderfahrer und Radrenner war es etwas ruhiger geworden. Die Letter Sportskanone Josef Flaskamp hielt als Rennfahrwart im Vorstand die Stellung. Die drei späteren Rekord- Mitglieder rückten schon ins Blickfeld: Anton Eversloh war der Gründer-Vater von 1920, Josef Birwe trat 1930 als Knirps ein und Heinz Schürmann war schon 17, als er zufällig im Schützenhof neben der Limo auch noch Geschmack auf den Radsport bekam. Alle drei sollten dem Verein 73 bzw. 74 Jahre treu bleiben. Das erste Schwalbe-Traumduo hatte schon vielerorts für Beifall-Stürme gesorgt. Was Konrad Hagemeier und sein „kleiner“ Halbbruder Jupp Birwe als Kunstfahrer auf einem Rad zuwege brachten, hatte die hiesige Sportswelt noch nicht gesehen.
Ebenfalls 1935 folgte der erfolgreichste Sportauftritt aller Schwalbe-Zeiten. Als Traumduo Nummer zwei fielen Hermann Leweling und Konrad Hagemeier aus dem Rahmen. Sie nahmen an der Deutschen Meisterschaft im 2er Radball teil. Naja, ein bisschen Dusel gehörte schon dazu. Eigentlich hatte sich das Team aus Iserlohnerheide qualifiziert, die Gaumeister geworden waren. Diese konnte dann aus heute unbekannten Gründen nicht teilnehmen und so überbrachte man die Nominierung zum „Zweiten“ nach Oelde. Da kam natürlich eine Hurra-Stimmung im Herzen Westfalens auf und mit großem Geleit marschierten Hagemeier/Leweling samt ihren Radballrädern zum Bahnhof. Mit an Bord ging der ehemalige Rennfahrer Stefan Brüggenkamp, der sich als Begleiter bereit erklärt hatte. Das Ziel der Reise war Erfurt. Insgesamt traten dort 35 Könner aus allen Radsport-Gauen des Reiches, bis auf Baden und Ostpreußen, zu den Titelkämpfen an. Als Vereine waren vertreten: Stern Stettin, Adler Breslau, Post Breslau, Wanderfalke Dresden, Turngemeinde Leipzig, Falke Hamburg-Stellingen, Taube Hannover, Wanderlust Frankfurt, Wanderer Stuttgart und und und Schwalbe Oelde.
Zwei Unentschieden gegen Gießen und Erfurt retteten die Oelder nicht vor dem Ausscheiden in der ersten Runde. Sie mussten sich Hamburg, Dresden, Frankfurt und Breslau knapp geschlagen geben. Die Stellinger „Raubvögel“ Köping / Schnoor sorgten später für eine kleine Sensation, als sie die hochfavorisierten Weltmeister Schreiber / Blersch aus Frankfurt im Endspiel auf Rang zwei verwiesen. Eine kleine Fortsetzung dieser Geschichte ereignete sich 1995. Ort des Geschehens Schulhof der Overberg-Turnhalle. Der Chronist Norbert Stemmer startete aus dem Kofferraum heraus den Verkauf des kleinen Schwalbe- Buches zum 75jähigen Jubiläum. Ein älterer Herr interessierte sich für ein Exemplar und erwähnte, er habe ein Foto mir ihm in der Zeitung gesehen. Die Glocke hatte Bild- Raritäten veröffentlicht. Die Neuzeit-Schwalben staunten nicht schlecht. Vor ihnen stand der Alt-Kamerad Stefan Brüggenkamp, geboren 1905. Seine Leidenschaft zum Radsport erwachte, als er bei einer Umzugsaktion an einen alten „Scheesen“ mit Spiralfeder-Bereifung kam. Erst als die Querstange des Herrenrades abgeschlagen war, konnten die Buben rund um die Goethestraße gerade an die Pedale kommen.
„Tönne“ Eversloh wohnte eine Zeit lang im Hause Brüggenkamp und brachte Stefan mit in den Verein. Dieser berichtete Norbert Stemmer in gemütlicher Runde von der damaligen Rennfahrer-Gruppe um ihn: Neben Josef Flaskamp waren die Herren Tippkemper, Edelmeier und Heinrich Stricker schwer auf Draht. Um ein Haar wären Brüggenkamp und Stricker als Profis in die Bielefelder Werksmannschaft von Göricke aufgenommen worden. Statt dessen ging der Malergeselle als Wanderbursche auf die Walz. An Erfurt 1935 konnte sich Brüggenkamp noch sehr gut erinnern. „Als Außenseiter erhielten die Schwalben großen Beifall, Leweling zeigte im Tor ungeheure Paraden.“ Zum Erlebnis gehörte auch der Zwischenstopp auf der Wartburg und der Genuss des ersten Bratwürstchens, gepackt zwischen zwei Brötchenhälften. Lebendiger kann Geschichte nicht sein.